Facebook ist der Disney-Konzern des 21. Jahrhunderts – und Whatsapp dient vor allem der Revitalisierung der Marke

Wenn Whatsapp ein Film wäre, dann wäre es StarWars – einfaches Konzept, große Fanbasis, gekauft durch einen Giganten zur Revitalisierung der eigenen Marke.

Der Kauf von Whatsapp durch Facebook durch Cash und Aktienoptionen dominierte gestern die sozialen Netzwerke. Die 12 Milliarden in bar, 4 Milliarden in Aktien und 3 Milliarden in Aktienoptionen an die Eigentümer von Whatsapp sind auf die rund 450 Millionen Whatsapp-Kunden ein Kaufpreis von 36 Dollar pro Kunde (Quelle 1, Quelle 2).

Im Augenblick hat Whatsapp keine Einnahmen durch Werbung (Quelle), aber die kostenlose App ist im AppleStore als auch im GooglePlayStore einer der beliebsten weltweit (Platz 5 weltweit – Quelle).

Vor allem aber war in den wichtigsten Märkten der Welt die App beliebt. Der AppAnalyst Distimo beispielsweise veröffentlichte im April 2013 diese Infografik, welche die Dominanz von Whatsapp verdeutlicht (Quelle):

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Nun wird viel darüber spekuliert, welche Hintergründe hinter dem Whatsapp-Deal stecken. Whatsapp bewegt sich jedenfalls in einem wachsenden Markt, der aber gegen disruptive Kommunikationspraktiken nicht abgesichert ist. Der globale Markt für SMS wird sich nach Marktschätzungen auf knapp 160 Milliarden Dollar im Jahr 2017 einpegeln und danach wieder schrumpfen (Quelle). Wachstumsfaktoren sind (noch) die zahlreichen neuen Käufer von Handys ohne Smartphone-Fähigkeiten. Von Analysten wie Benedict Evans wird sogar argumentiert, dass die Anzahl derIn-App-Messages schon größer sind als die globale Anzahl der SMS.

Whatsapp hat als Umsatzquelle ein Abomodell. Das erste Jahr ist kostenlos, ab dem zweiten Jahr muss man $ 0,99 bezahlen (Quelle). Wieviel von den 450 Millionen Nutzern schon Bezahlkunden sind, ist schwer zu schätzen. Für 2013 wurde ein Umsatzu von 20 Millionen US-$ gemeldet, was darauf schließen lässt, das bisher weniger als 25 Millionen Nutzer ein Abo haben (Quelle).

Whatsapp war bisher werbefrei. Marc Zuckerberg hat im Investment-Call gestern abend selber ausgeschlossen, dass Werbung die zentrale Überlegung hinter dem dem Kauf von Whatsapp ist, allerdings hatte er das gleiche auch schon für Facebook behauptet.

Ein wichtiger Aspekt wird daher die Internationalisierung sein. Schom im letzten Jahr zeigte sich, dass in vielen Schwellenländern Whatsapp gegenüber dem Facebook-Messenger eindeutig überlegen war (Quelle). Lange Zeit schien Marc Zuckerberg eher zu versuchen, über Käufe von Whatsapp-Konkurrenten international zu expandieren, aber durch das schelle Wachstum sah er wohl keine andere Chance.

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Immer wieder wird auch der „Wert“ der Daten diskutiert, so zum Beispiel von Henning Tillmann (Quelle):

Weil [Facebook] nun Zugriff auf jede private Kommunikation von den Nutzerinnen und Nutzern hat. Zugriff auf jeden Gruppenchat, in dem sich über den neusten Film im Kino unterhalten wird. Ebenso kann es jede romantische Konversation zwischen zwei Verliebten (und die dazugehörigen Bilder) oder jedes gesundheitliche Problem, über die ihr mit eurem besten Freund über Whatsapp schreibt, mitlesen. Da Whatsapp auch noch Zugriff auf eure Ortsdaten verlangt, auch Infos, wo ihr gerade oder häufig (= eure Wohnung) seid. Denkt dran: Eure Daten sind Facebook viel wert.

Die Daten an sich haben ja erst einen Wert im Kontext einer Analyse, die verkauft wird. Bei aller (berechtigten) Kritik (z.B. auch von irights) an der Datenverarbeitung innerhalb von Whatsapp, so bin ich skeptisch, ob Facebook oder Whatsapp ein Geschäftsmodell auf der Analyse von privaten Nachrichten aufbauen kann, ohne dass Werbung eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig ist es so, dass wir weit davon entfernt sind, sagen zu können wie Nutzerdaten, Tracking, Werbung und Suche sich auf den mobilen Endgeräten entwickelt sind. Benedict Evans hat das sehr gut formuliert (Quelle):

Finally, mobile social apps are not, really, about free SMS. Mobile discovery and acquisition is a mess – it’s in a ‚pre-pagerank‘ phase where we lack the right tools and paths to find and discover content and services efficiently. Social apps may well be a major part of this.

Die wichtigste Analyse aber lieferte Kara Swisher:

But a mobile presence is a must-do in the current digital environment, and this massive acquisition makes it clear that Facebook has decided that its core strategy will be to create or buy up must-have apps that consumers demand to have on their mobile devices.

It’s a little like deciding to be Disney, said one source, owning all the good content brands. If Facebook is Disney (by the way, its COO, Sheryl Sandberg, is on the entertainment giant’s board), then Instagram is the Disney Channel (the kids love it!) and WhatsApp is ESPN (everyone loves it!).

Facebook geht es also viel weniger darum, unmittelbar die Kundenbasis von Whatsapp sich einzuverleiben, Anzeigen zu schalten oder das Abomodell auszubauen. Es geht vielmehr darum, sich bei vielen Kommunikationsformen ein Standbein zu sichern und so langfristig den Wert von Facebook als social networking Plattform zu erhalten. Das ist auch dringend notwendig, denn Facebook verliert massiv junge Nutzer.

Whatsapp ist also so etwas wie der Kauf des Star Wars Franchise von George Lucas durch Disney- ein Versuch, eine etwas ins Altern gekommene Marke zu revitalisieren. Es bleibt zu hoffen, dass aber auch die Innovationsfähigkeit von Facebook dadurch gesteigert wird. Wie das aussehen, beschreibt TheVerge-Autorin Ellis Hamburger (Quelle):

It’s unclear how much say Koum will have in future Facebook products, but by including him in its board, Facebook is also diversifying its thought process. Facebook’s internal slogan is „move fast and break things,“ but WhatsApp has done the polar opposite. While competitors, Facebook Messenger included, added features, removed them, came alive, and went under, WhatsApp held fast to its belief in one goal: to replace texting.

Jugendstudie „Toleranz Online 2014“ erschienen

Heute erscheint die Jugendstudie „Toleranz Online 2014“ von DATAJOCKEY in Kooperation mit ikosom: die Jugend im Netz, in Geschichten, Zahlen und Zitaten. Endlich einmal keine Internet-Klischees. Unverblümt berichten Jugendliche von einem besseren Internet.

Toleranz Online - Cover - ©2014 Datajockey

Toleranz Online 2014 ist eine Jugendstudie über Respekt, Freiheit und Sicherheit im Internet. Die Ergebnisse zeigen, wie brisant das Thema ist: 58% der 14-17-jährigen Studienteilnehmer_innen haben schon negative Erfahrungen im Internet gemacht, 49% wurden bereits beleidigt, 14% gestalkt und 12% bedroht. Die Konsequenzen beleidigender Kommentare sind den meisten Jugendlichen nicht bewusst – weder die psychologischen, noch die strafrechtlichen. Gute Aufklärungsarbeit ist aus der Sicht Jugendlicher der beste Weg für ein sicheres Internet und mehr Respekt.

Eine trotzige Studienteilnehmerin streckt den Zeigefinger ins Bild und sagt: „Ich stehe zu meiner Meinung, egal ob online oder offline!“. Die Mehrheit der befragten „Digital Natives“ (14-34-Jährige) ist nicht gleichgültig bzgl. ihrer Meinungsäußerungen online: 59% fühlen sich im Internet weniger frei ihre Meinung zu äußern. Was können Jugendliche, die Internetwirtschaft oder Lehrer für mehr Respekt und Sicherheit im Internet tun? Die Antwort ist vielfältig: gute Medienbildung ermöglichen, Realitäten im Netz begreifen, Respektkultur fördern, Transparenz bzgl. Regeln schaffen und klare Ansprechpartner für Sicherheit benennen.

Das Ziel des Projekts „Toleranz online“ ist es, durch Forschung und Trainings zu mehr Sicherheit und Respekt im Internet beizutragen. www.toleranzonline.de ist ein Jugendforschungsprojekt, das nach Open Science-Manier offen, partizipativ und transparent im deutschsprachigen Raum durchgeführt wird. In der Studie „Toleranz Online 2014“ sind die Ergebnisse durch anschauliche Infografiken, spannende Zitate und authentische Geschichten greifbar und lebendig aufbereitet.

Die Studie wurde von DATAJOCKEY: Social Research & Dialogue in Kooperation mit ikosom, dem Institut für Kommunikation in sozialen Medien erstellt und im Diplomica Verlag herausgegeben.

Die Projektseite www.toleranzonline.de hält weitere Einblicke und Studienergebnisse bereit. Die Studie kann im Diplomica Verlag bestellt werden.

Ansprechpartnerin für ikosom ist die Koautorin der Studie Kristin Narr.

Wie finanziert man OpenScience? Buch erschienen!

Opening ScienceWir freuen uns sehr, dass ein Buch erschienen ist, dass nicht nur OpenScience in vielen Facetten beleuchtet, sondern in dem auch ein Artikel enthalten ist, welches sich mit Finanzierungsformen für OpenScience beschäftigt. Natürlich diskutieren wir darin auch insbesondere das Thema Crowdfunding in der Wissenschaft.

Weitere Informationen zum Bestellen und Lesen des Buches gibt es hier auf der Publikationsseite. Dort gibt es auch einen Link dazu, wie man den Artikel kostenlos lesen kann.

Veranstaltungshinweis: offener Online-Kurs „Kinderzimmer-Productions“ #mlab14

CC BY 3.0 DE by Martina Miocevic
CC BY 3.0 DE by Martina Miocevic

Die Frage „Was machen die jungen Leute da eigentlich in ihren digitalen Welten?“ stellen sich Erwachsene seit vielen Jahren. Auf Tagungen und in Workshops diskutieren sie zumeist über das Informations- und Kommunikationsverhalten von Kindern und Jugendlichen und versuchen deren Lebenswelten zu verstehen. Das ist eine Sichtweise und ein Vorgehen.

Einen anderen Weg will der offene Online-Kurs „Kinderzimmer-Productions – eine Expedition in digitale Kinder- und Jugendwelten“ des Media Literacy Lab gehen. Sie nehmen die Frage sehr wörtlich und wollen untersuchen, was junge Menschen im Internet machen, im Sinne von erstellen. Der Kurs nimmt also die digitalen Kreativitäts- und Produktionsräumen von Kindern und Jugendlichen in den Blick.

Neben dem spannenden Thema, das bislang noch verhältnismäßig wenig betrachtet wird, sind auch die Herangehensweise und das Format des Kurses zumindest in Deutschland neuartig. Dabei steht die Projektarbeit und das gemeinsame Produzieren im Mittelpunkt. Jeder/jede kann selbst eine Arbeitsgruppe zu einem Wunschthema ins Leben rufen und so den Kurs mitgestalten. Die Kursmaterialien werden gemeinsam produziert und unter einer freien Lizenz veröffentlicht und zur Weiterbearbeitung zur Verfügung gestellt. Solche mutigen Unternehmungen und Entwicklungen verdeutlichen die Vielfältigkeit an offenen, digitalen Bildungsangeboten und bringen „Open Education“ und „Open Learning“ in konkreten Praxisvorhaben auf die Tagesordnung. 

Einen Einblick aus der Vorbereitungsphase gibt es in diesem Video (CC-BY Media Literacy Lab):

Der Kurs startet am 23.02. und endet am 16.03.2014. Mitmachen kann jeder/jede, der mitmachen will. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen und weitere Informationen unter: medialiteracylab.de

Studie Social Media Measurement erschienen

Studie Social Media Measurement 2014Heute hat ikosom die Studie Social Media Measurement 2014 veröffentlicht. Darin wird die Erfolgsbewertung der Social Media Kommunikation in deutschsprachigen Nonprofit-Organisationen untersucht.

Die Studie gibt ein Überblick über den Rahmen der gegenwärtig verwendeten Analyseinstrumente, die relevanten Kennzahlen zur Erfolgsbewertung und den Zeitaufwand für die Erhebung und Auswertung derselbigen. Zudem wird untersucht, welchen Nutzen die Einführung verschiedener Social Media Measurement Instrumente bringen und welche Kosten mit ihnen verbunden sind.

Im Rahmen der Studie wurden die 100 in Social Media erfolgreichsten Nonprofit-Organisationen im deutschsprachigen Raum angesprochen, von denen 52 an der Studie teilnahmen.

Die Studie kann hier kostenlos heruntergeladen werden. In der nachfolgenden Präsentation können Sie sich bereits einen ersten Überblick über die Kernergebnisse der Studie verschaffen.

IOSCO Studie zum Thema Crowdlending und Crowdinvesting

Mit der International Organisation of Securities Commission (IOSCO) hat neben der UN eine weitere internationale Organisation sich mit dem Thema Crowdinvesting befasst und einen eigenen Report zu dem Thema herausgeben.

Einen Kurzbericht gibt es auf Crowdfunding-Insider:

The main takeaway from the report is the size of the global crowdinvesting ecosystem. Based on self-reported data, the size of this industry has reached approximately $6.4 billion in 2013.

Another interesting data point from the report is the rate of default among global players in the peer-to-peer lending industry. Prosper leads the list of eight platforms with a 7.0% default rate while Zopa comes in lowest with a 0.2% rate of default.

Much of the growth in crowdinvesting is attributed to the peer-lending industry, which the IOSCO says has experienced 90% year-over-year growth.

Sehr interessant sind aber die Ausführungen zur Einordnung des Crowdlending-Markts. Hier werden die Umsatzzahlen der großen Crowdlending-Plattformen mit den BIS-Zahlen zum Kreditmarkt der Banken verglichen. Man sieht hier deutlich, dass Crowdlending trotz starken Wachstums immer noch ein zartes Pflänzchen ist.

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Welche Steuern muss ich beim Crowdfunding zahlen?

In Crowdfunding-Diskussionen und -Workshops gibt es immer wieder die Frage, wie Crowdfunding steuerrechtlich behandelt wird. Ich probiere an dieser Stelle mal eine Übersicht zu geben unter Berücksichtigung der zahlreichen Diskussionen dazu in diversen Blogs, in der Facebook-Gruppe Crowdfunding und im German Crowdfunding Network.

Im Wesentlichen beschränke ich mich hier auf das Reward-Based Crowdfunding. Die Ausführungen sind nicht als Rechtsberatung zu verstehen, sondern es empfiehlt sich immer einen Anwalt oder Steuerberater zu kontaktieren, bevor man ein Crowdfunding-Projekt beginnt, insbesondere dann, wenn das Projekt einen Umfang im fünfstelligen Eurobereich hat.

Die Diskussion ist natürlich lange nicht abgeschlossen, insofern ist das vorliegende nur mal ein Zusammenstellen meiner Recherchen in dem Bereich. Ich bin aber selbst nicht Steuerberater, insofern kann ich mich natürlich auch irren. Für Kommentare und Ergänzungen bin ich dankbar.

Welche Form des Rechtsgeschäft ist Reward-Based Crowdfunding?

Die kurze Antwort: Es entsteht ein Kaufvertrag.

Wenn jemand über eine Reward-Based Crowdfunding-Plattform ein Projekt unterstützt, dann gehen die AGBs der meisten Plattform davon aus, dass dies einen Kaufvertrag zwischen Geldgeber und Geldempfänger konstituiert, unabhängig davon die Prämie materieller Natur (CD, Download eines Films, Eintrittskarte) oder immaterieller Natur (Widmung, Danksagung, Nennung im Booklet, Logopräsenz) ist (§433ff BGB).

Da in der Regel das Crowdfunding über das Internet zustande kommt, gelten die besonderen Vorschriften für Fernabsatzverträge (§312ff BGB), insbesondere das Widerrufsrecht (§312d BGB).

Ist Crowdfunding eine Schenkung, die steuerfrei ist?

Die kurze Antwort: Nein.

Bei Beträgen, die ohne Gegenleistung gegeben werden, wird teilweise argumentiert, dass hier eine Schenkung vorliegt (zum Beispiel in diesem Blogpost). Tino Kressner argumentiert ebenso in seinem Blog bei startnext. Im Erbschaftssteuergesetz ist auch die Schenkung zwischen Privatpersonen geregelt und dort wird ein Freibetrag von 20.000 Euro pro Person festgelegt, der steuerfrei ist (§16 ErbStG).

Ich persönlich bin mir aber unsicher, ob diese Analyse richtig ist. Eine Schenkung muss in der Regel unentgeltlich (§ 516 BGB) erfolgen. Unentgeltich bedeutet nicht nur, dass die Schenkung nichts kosten darf, sondern auch dass keine Gegenleistung erfolgen darf (§ 320ff BGB). Das bedeutet aber einerseits, dass für viele der Crowdfunding-Projekte Dankeschöns, Prämien, Perks und Gegenleistungen im Zuge der Geldzahlung erworben werden können, kann ohnehin nicht von einer Schenkung geredet werden.

Aber auch für einen Crowdfunding-Betrag ohne Gegenleistung ist der Begriff der Schenkung nicht angebracht. Man könnte leicht argumentieren, dass bei einem Crowdfunding-Projekt mit der Realisierung eines bestimmten Vorhabens geworben wird, insofern jeder gegebene Geldbetrag an das Versprechen geknüpft ist, bei erfolgreicher Finanzierung das beworbene Projekt auch umzusetzen. Selbst wenn also keine Gegenleistung verlangt wird, ist das gesamte Crowdfunding-Projekt eine Gegenleistung für den Geldgeber.

Noch viel weniger ist der Begriff der Schenkung geeignet, wenn der Empfänger mit dem Crowdfunding-Projekt die Ausgaben für ein kommerzielles Projekt finanziert. Wer also ein Buch finanziert, welches er danach verkaufen will, und die Erstellung des Buchs als Crowdfunding-Projekt sich finanzieren lässt, kann vor dem Finanzamt sehr schlecht argumentieren, dass hier ein Geschenk vorgelegen hat. Es könnte ja durchaus sein, dass jemand das Crwodfunding-Projekt erstmal ohne Kauf einer Prämie finanziert, weil er später im Laden beabsichtigt, das Buch zu kaufen. Hinzu kommt, dass eine Schenkung in der Regel von Privatpersonen an Privatpersonen vorgenommen wird – und nicht von Privatpersonen an Unternehmen, die das als Erlös verbuchen müssten.

Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass es zwar die Möglichkeit gibt, Schenkungen mit Auflagen zu versehen und teilweise wird das auch so verstanden, dass Crowdfunding einem Schenkungsvertrag mit Auflagen entspricht, aber auch hier sind die obigen Zweifel (Gegenleistungen, Privat-an-Unternehmen-Schenkung) angebracht.

Der Begriff der Schenkung ist nicht trivial, deswegen würde ich empfehlen, als Projektbetreiber nicht davon auszugehen, dass die Crowd mir etwas schenken will. Es ist auch kein Trinkgeld, denn das wäre zwar eine unentgeltliche Schenkung, aber an einen Arbeitnehmer, der für seinen Arbeitgeber eine Dienstleistung zugunsten des Kunden erfüllt (§ 107 Abs. 3 GewO). Das ist bei Crowdfunding-Projekten in der Regel nicht der Fall, weil das Projekt ja nicht als Dienstleistung eines Arbeitnehmers für einen Arbeitgeber durchgeführt wird. Auch hier gilt aber das Prinzip der Unentgeltlichkeit.

Auch wenn einige Finanzämter und Plattformen den Begriff der Schenkung akzeptieren, so ist davon auszugehen, dass über kurz oder lang nicht aufrecht erhalten wird. Wer also ein Crowdfunding-Projekt gemacht hat und nach einigen Jahren eine Betriebsprüfung erlebt, kann hier garantiert mit Nachforderungen rechnen, wenn er bestimmte Steuern nicht entrichtet hat.

Muss ich als Crowdfunding-Projektbetreiber ein Gewerbe anmelden?

Die kurze Antwort: Wenn das Crowdfunding-Projekt unternehmerischen Charakter hat, dann ja.

Ein Gewerbe anzumelden, ist nicht immer notwendig wenn man etwas verkauft, denn es gibt ja auch Möglichkeit des Privatverkaufs (Flohmärkte, Anzeigenblätter, ebay), aber die Grenzen für Privatverkäufe sind vom Gesetzgeber relativ eng gesetzt. Es hängt vor allem ab, was derjenige macht, der das Crowdfunding-Projekt betreibt.

In Deutschland muss man immer ein Gewerbe anmelden, wenn man langfristig unternehmerisch tätig sein will und Gewinnabsichten erzielen will (§15 EStG Absatz 2). Bei Crowdfunding-Projekten, die klar eine kommerzielle Natur aufweisen oder einem langfristigen Aufbau eines Unternehmens dienen, ist im Zweifel eine Gewerbeanmeldung immer angebracht.

Ausnahmen für die Gewerbeanmeldung gibt es für bestimmte freiberufliche Tätigkeiten, zum Beispiel als Apotheker oder Anwalt – die Ausnahmen werden in § 6 der Gewerbeordnung bestimmt.

Muss ich Einkommensteuer bezahlen?

Die kurze Antwort: Ja.

Ein Crowdfunding-Projekt ist in der Regel einkommensteuerpflichtig für Privatpersonen, Einzelunternehmer und Unternehmer in Personengesellschaften (GbR). Die Crowdfunding-Umsätze können aber mit den Ausgaben für Crowdfunding gegengerechnet werden und ergeben so den Gewinn bzw. das Einkommen. Da Crowdfunding-Projekte in der Regel konkrete Ausgabeziele haben, sollte das kein Problem sein, die Ausgaben zu belegen. Falls dennoch ein Gewinn entstanden ist, muss dieser ganz normal versteuert werden, bei vielen Crowdfundern wird dazu eine einfache Gewinn- und Verlustrechnung ausreichen.

Wenn eine Kapitalgesellschaft (UG, GmbH) hinter dem Crowdfunding-Projekt steht, muss auf den Gewinn in der Regel Gewerbesteuer und Körperschaftssteuer bezahlt werden.

Muss ich Umsatzsteuer bezahlen?

Die kurze Antwort: Ja.

Unternehmer sind in der Regel umsatzsteuerpflichtig. Als Kleinunternehmer kann man sich von der Umsatzsteuer befreien lassen, wenn diese Voraussetzungen gegeben sind:

  • Im vorangegangenen Kalenderjahr darf der Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuern nicht höher als 17.500 Euro gewesen sein und
  • im laufenden Kalenderjahr darf der Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuern voraussichtlich nicht höher als 50.000 Euro sein

Bei Gründung muss gegenüber dem Finanzamt der voraussichtliche Gesamtumsatz realistisch geschätzt werden. Im Gründungsjahr ist allein auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres abzustellen, der inklusive Umsatzsteuer 17.500 Euro nicht übersteigen darf.

In der Konsequenz heißt dies, dass ein Crowdfunding-Projekt nicht mehr als 17.500 Euro umfassen sein darf, wenn man in der Zukunft von der Umsatzsteuer befreit bleiben möchte.

Wenn mehrere Leute gemeinsam ein Crowdfunding-Projekt machen, dann sind sie eine gemeinsame GbR und man kann dann den Umsatz auf verschiedene Personen aufteilen. Die Personen müssen aber dann einen entsprechenden Anteil in ihrer Einkommensteuererklärung angeben. Am besten sollte man die Aufteilung schriftlich festhalten.

Die Höhe der Umsatzsteuer beträgt in der Regel 19%. Wenn einzelne Prämien mit einem verringerten Umsatzsteuersatz belegt sind (beispielsweise Bücher – vollständige Liste), muss man bei den verkauften Prämien genau ausrechnen, wie hoch der Marktpreis des Gutes innerhalb der Prämie ist. Wer also eine Prämie zu 100 Euro verkauft, in der ein Buch enthalten ist, welches später zu 20 Euro im Laden verkauft wird, der bezahlt 7% Umsatzsteuer auf das Buch und 19% Umsatzsteuer auf den Rest. Andrea Kamphuis ist diejenige, die diesen Aspekt zuerst in die Debatte eingebracht hat.

Muss ich eine Abgabe an die Künstlersozialkasse zahlen?

Die kurze Antwort: Ja, aber nur auf die Honorare der Dienstleister, die sich über die KSK versichern dürfen, und wenn man das Crowdfunding-Projekt unternehmerischer Natur ist.

Die Künstlersozialkasse ist die Sozialversicherung für bestimmte Berufe der Kultur- und Kreativwirtschaft, zum Beispiel Designer. In Deutschland ist jedes Unternehmen, welches regelmäßig auf Dienstleistungen aus diesen Berufen zurückgreift, abgabepflichtig für die KSK. Auch Vereine sind unter bestimmten Umständen verpflichtet, eine KSK-Abgabe zu zahlen, die Gemeinnützigkeit spielt keine Rolle (Infos).

Wer als Endverbraucher diese Dienstleistungen in Anspruch nimmt, braucht keine KSK-Abgabe zu zahlen. Aber wer über ein kommerziell orientiertes Crowdfunding-Projekt die Dienstleistungen in Anspruch nimmt, müsste vermutlich KSK-Abgaben zahlen. Ich bin auch der Meinung, dass die Plattformbetreiber eigentlich KSK-Abgaben leisten müssten.

Die Künstlersozialabgabe bezieht sich auf die Entgelte an die Künstler und Publizisten. Für 2014 muss man 5,2% auf die Honorare an die KSK abführen.

11.02. Studienvorstellung „Toleranz Online“ im #pb21-WebTalk

Toleranz Online - Cover - ©2014 Datajockey

Die Studie „Toleranz Online 2014“ wird am 19. Februar veröffentlicht. Schon vorher gibt es einen exklusiven Einblick in die Ergebnisse im #pb21-WebTalk. Für 11.2.2014 (Di.), also am europaweiten Safer Internet Day #SID14, lädt pb21.de für 16.00 Uhr zum #pb21-WebTalk mit den Koordinatoren der Studie und einem prominenten Bewohner des Internets. Die Ergebnisse zeigen konkret und anschaulich, was Schulen, Unternehmen, Politik und nicht zuletzt die Jugendlichen selbst beitragen können, um Respekt, Sicherheit und Freiheit online zu stärken.

 

 

Mit dabei:
*Jöran Muuß-Merholz (Moderator und Redaktionskoordinator #pb21)
*Simon Schnetzer (Jugendforscher und Autor / datajockey.eu)
*Kristin Narr (Medienpädagogin und Koautorin / ikosom – Institut für Kommunikation in sozialen Medien)
*Daniel Sahib (Botschafter für Respekt! Kein Platz für Rassismus | Fanseite und Sänger / AZZIS MIT HERZ)

* Und Sie? Wir würden uns sehr freuen!

Weitere Informationen finden Sie unter: http://pb21.de/2014/02/toleranz-online-jugendstudie-zu-respekt-und-sicherheit-im-internet/