Crowdfunding im Film wird auch in Deutschland immer relevanter

Erfolgreichste Film-Crowdfunding-Projekte im Kino

Vor einigen Wochen feierte Stromberg – Der Film in den deutschen Kinos Premiere. Mittlerweile haben über 1 Million Menschen den Film auf der Leinwand gesehen und das ist „crowdfuntastisch“, wie es Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst in einer kleinen Grußbotschaft formuliert. Und zwar nicht nur für die Filmemacher selbst, sondern auch für alle Crowd-Investoren. Über 3300 Menschen halfen 2011 mit, das Projekt real werden zu lassen und innerhalb einer Woche war die 1 Million Euro Marke geknackt. „Seit dem ersten Kinobesucher wurde 1 Euro pro verkauftem Ticket für die Rückführung der Investoreneinlagen angesammelt. Das Beste aber ist: ab dem 1.000.001. Besucher haben die Investoren nicht nur ihr Geld zurückverdient, sondern machen auch einen Gewinn – denn von jedem weiteren verkauften Ticket geht ein Anteil von 0,50 € an die Investorengemeinschaft und wird sechs Monate nach Filmstart erstmals zusammen mit der Einlage ausbezahlt.“, heißt es auf der Webseite zum Film.

In den USA ging in der vergangenen Woche ein noch erfolgreicheres Crowdfunding-Projekt an den Kino-Start: Veroncia Mars. Mit über 5,7 Millionen Dollar ist es das größte Film-Crowdfunding-Projekt auf Kickstarter. Im Unterschied zu Stromberg wurden die Unterstützer aber nicht an den Einnahmen beteiligt, sondern erhielten exklusive Prämien, etwa eine Einladung zu einem Veronica Mars-Fan Event während der San Diego Comic Con, eine Einladung zur Premiere in Los Angeles oder New York oder sogar eine Spezial-Vorführung in einem Kino in deiner Nähe. Das Schöne an diesem Crowdfunding-Erfolg ist, dass der Rechteinhaber Warner Bros. sich dazu entschieden hat, den Film gleichzeitig im Kino und On-Demand zu veröffentlichen – eine Praktik, mit der kleinere Studios bereits seit Jahren experimentieren. Durch Crowdfunding ermöglichte Innovationen halten also mittlerweile selbst bei großen Hollywood-Produktionen Einzug.

Crowdfunding in der deutschen Filmbranche 2013

Mittlerweile ist Crowdfunding auch im deutschsprachigen Film angekommen. Das zeigt unter anderem eine Infografik, die Anfang der Jahres im CrowdsourcingBlog.de veröffentlicht wurde. Knapp ein Viertel aller Crowdfunding-Projekte auf den Plattformen Startnext, Visionbakery, wemakeit, Inkubato, Indiegogo, Kickstarter oder Pling sind demnach Film-Projekte, deren Einnahmen machen rund ein Drittel an der Gesamtsumme deutschsprachiger Projekte aus.

Dass Crowdfunding nicht nur von Stars initiiert werden muss, um erfolgreich zu sein, das habe ich in meinem Gastbeitrag im UPLOAD-Magazin vor einigen Wochen versucht hervorzuheben. Auch im dieswöchigen Interview mit der wochenwebschau ist mir die Frage nach Erfolgskriterien wieder gestellt worden. Meine (leider sehr kurze) Antwort dazu seht ihr im Video unten. Zusammengefasst braucht es aber vor allem viel Engagement, eine gute Vorbereitung und eine aktive Community. Denn nur mit einem bestehenden Netzwerk lässt sich ein Crowdfunding-Projekt in die Gänge bringen.

Apropos Netzwerk, vor einigen Wochen erfolgte die Gründung des German Crowdfunding Network, dem Branchenverband der deutschsprachigen Crowdfunding Szene. Innerhalb des GCN gibt es verschiedene Taskforces zu unterschiedlichen Themen, etwa auch die Taskforce Filmfinanzierung und öffentliche Kulturförderung. Darin beschäftigen wir uns damit, auf welche Weisen sich Crowdfunding und das traditionelle Förderwesen annähern und sich gegenseitig befruchten können. Jeder, der sich in dieser Taskforce mit seinen Erfahrungen und Wünschen einbringen möchte, ist herzlich eingeladen. Wir freuen uns auf euch!

10 Gründe, warum das German Crowdfunding Network auf einem guten Kurs ist

Eine natürlich nicht unvoreingenommene Reflektion zum Gründungsprozess des German Crowdfunding Networks:

1)      Die persönlichen Begegnungen motivieren und begeistern!

Crowdday, Crowddialog, Crowdbiz– die Veranstaltungsvorbereitungen laufen in vollen Zügen. Danke an alle, die hier Veranstaltungen vorbereiten und unsere Branche zusammenbringen – die Treffen sind sehr motivierend für  unser Netzwerk.

2)    Wir erleben und gestalten eine neue Crowdkultur!

Ich erlebe bei allen GCN-Mitgliedern eine große Begeisterung für die gesellschaftsverändernde Kraft des Crowdfunding. Danke an alle, die aktiv daran arbeiten, dass Crowdfunding mehr ist als nur eine Finanzierungsoption, sondern eine kleine Revolution von unten, die vieles auch auf den Kopf stellt.

3)     Wir kartographieren den neuen Kontintent Crowdfunding!

Die Studie von Ivo Blohm zeigt es: es muss noch viel Forschung passieren, viele Daten gesammelt werden. Aber was mich am GCN begeistert, ist die frische Zusammenarbeit zwischen Unis, FHs, privaten Forschungsinstituten wie ikosom und Freelancern. Danke an die vielen Wissenssammler im GCN!

4)     WTF is Kickstarter? Let’s go Crowdfans 😉

Was ich auch schön finde, ist das simmer neue spannende Plattformen an den Markt gehen und niemand angesichts von schon sehr großen Plattformen es aufgibt, neue Ideen zu entwickeln. Danke an alle, die hier sich etwas trauen! Danke aber auch an die anderen Plattformen, die nicht aufhören, innovativ zu sein!

5)      BILD, BamS, Glotze? Crowdfunding überall!

Vor kurzem hat RTL über Crowdfunding berichtet, aber gefühlt nimmt jeden Tag die Berichterstattung über Crowdfunding zu. Mittlerweile wird in Zeitungsartikeln noch nicht mal mehr Crowdfunding erklärt, sondern kurz umschrieben und vorausgesetzt, dass die Leute das wissen. Danke an alle, die über ihre Blogs, über ihre Pressekontakte dafür sorgen, dass Crowdfunding mehr Öffentlichkeit bekommt.

6)     Von Verband zu Verbänden!

Wir hatten vor kurzem ein sehr konstruktives Gespräch mit der DIHK, wir werden noch im März mit weiteren Verbänden, zum Beispiel den Deutschen Kulturrat sprechen. Die Gespräche sind immer von großer Neugier und positiver Grundhaltung bestimmt. Die Angebote der Verbände bezüglich Kooperationen sind klasse – danke daher an alle, die helfen, diese Kontakte herzustellen und zu verfestigen.

7)      Der einheitliche Rechtsrahmen für Crowdfunding wird von uns mitbestimmt!

Im Koalitionsvertrag steht dereinheitliche Rechtsrahmen als Ziel drin. Wie dieser aber genau aussieht, dass wird in der Politik natürlich diskutiert – mit uns. Es gab in letzter Zeit viele Gespräche auf der politischen Ebene, mit Landes- und Bundespolitikern aller Parteien. Danke an alle, die dabei mitgewirkt haben, hier gemeinsame Positionen im Netzwerk zu finden und mit der Politik zu diskutieren!

8)     Crowdfunding vor Ort macht noch mehr Spass!

Neben den vielen großen überregionalen Treffen sind auch die ersten regionalen Treffen geplant, zum Beispiel am 17. März abends in Frankfurt. Solche lokalen Treffen werden zunehmen und gleichzeitig helfen, die Politik und die Wirtschaft vor Ort zu überzeugen. Danke, an alle, die das vor Ort voranbringen!

9)     Ein Crowdfunding Network auch in Österreich!

Am 19. März gibt es das erste Treffen des Austrian Crowdfunding Networks. Wir hatten beim GCN ja lange die Diskussion, wie wir über die Ländergrenzen kooperieren wollen, da es ja auch zahlreiche Mitglieder aus Österreich im GCN gibt. Ich finde es gut, dass sich vor Ort jetzt eine Struktur herausbildet und denke, da wird man gut zusammenarbeiten können. Also danke an alle, die das dort voranbringen. Und auch danke an die Schweizer, Franzosen, Dänen, Polen und Briten im GCN, es ist gut, wenn Crowdfunding als Europaprojekt denken!

10)   Crowdfunding kann man auch lernen!

Die Gespräche, einen IHK-Kurs fürs Crowdfunding zu machen, laufen ziemlich gut. Ich glaube, das wird helfen, Crowdfunding auch noch seriöser zu machen, wenn es für die Projektmacher und Startups da draussen konkrete Ansprechpartner gibt, die beim Crowdfunding helfen können. Danke an alle, die da mitmachen!

 

Kickstarter hat eine Milliarde erwirtschaft – was heißt das für Crowdfunding in Deutschland?

Kickstarter One Billion DollarsKickstarter hat heute auf seinem Blog berichtet, dass sie mittlerweile eine Milliarde über Crowdfunding eingenommen haben und abgesehen von der Provision und den Payment-Gebühren einen Großteil davon an die erfolgreichen Crowdfunding-Projekte ausgeschüttet haben. Was heißt das für die Crowdfunding-Szene in Deutschland und in Europa? Hier die wichtigsten Fragen:

1)      Sind eine Milliarde Dollar viel?

Ja und nein. Für den Crowdfunding-Sektor weltweit ist das Kickstarter-Ergebnis sehr gut. Es zeigt, wie schnell die Plattform wächst. Es zeigt auch, dass die Forbes-Voraussage des weltweiten Crowdfunding-Markts von sechs Milliarden Dollarn im Jahr 2015 realistisch, vielleicht sogar etwas zu vorsichtig geschätzt ist.

2)      Ist Kickstarter damit zum Monopolisten geworden?

Nein. Ein Monopolist kann die Preise auf dem Markt diktieren, weil die Kunden keine Auswahl mehr haben. Dem ist bei weitem nicht so: es gibt Hunderte von Plattformen in den USA, der Crowdinvesting-Markt wächst sehr stark, einige Crowdlending-Plattformen sind auf dem guten Weg, Kickstarter zu überholen. Auch im reward-based Crowdfunding ist Kickstarter nicht die einzige Plattform – es gibt zahlreiche andere reward-based Plattformen, die eine eigene Nische besetzen.

Aber viel wichtiger noch: mit Indiegogo gibt es eine ernstzunehmende Alternative. Viele Künstler und Kreative nutzen auch Indiegogo, wenn sie Angst haben, dass die strengen Kriterien für Kickstarter auf ihr Projekt nicht zutrifft, zum Beispiel wenn es einen politischen Charakter hat.

3)      Ist Kickstarter die größte Plattform weltweit und wird sie es bleiben?

Jein und nein. Jeder, der das behauptet, kann keine Zahlen als Backup festlegen. Indiegogo veröffentlicht zum Beispiel keine Zahlen. Es gibt nur Schätzungen, die zumindest zeigen, dass Kickstarter gegenüber Indiegogo zwar weniger Projekte in den USA hat, dafür aber international wesentlich mehr Projekte.

Ich bin mir sicher, dass Kickstarter weiter wachsen wird. Spannend aber bleibt zum Beispiel, welche Rolle Chinesische oder indische Plattformen in der Zukunft spielen werden. Ich bin mir auch sicher, dass die Crowdlending-Plattformen vollkommen unterschätzt werden –ihr Wachstum ist bei kaum einem Journalisten auf dem Schirm.

4)      Worin besteht der Erfolg von Kickstarter?

Aus meiner Sicht besteht der Erfolg von Kickstarter aus drei Komponenten:

a)      Das Design von Kickstarter ist sehr simpel und sehr einfach – dadurch war es auch visuell für viele Künstler und Kreative ansprechend. Sie fühlten sich dazu mehr hingezogen als zu Indiego, das etwas düster wirkt. Die Benutzerführung bei Kickstarter ist intiutiver als bei Indiegogo.

b)      Amazon als Investor hat die Marke Kickstarter massiv in den Markt gedrückt, viel investiert an Werbung und vor allem an personellen Ressourcen. Langfristig ist das Ziel von Amazon nicht nur als General-Shop zu agieren, sondern auch als General-Vorfinanzier von Produkten.

c)      Frühzeitig wurde von Künstlern entdeckt, dass Crowdfunding ein hervorragendes Marketing-Potenzial hat. Musiker wie Amanda Palmer oder Filmemacher wie Spike Lee versuchten mehr oder weniger erfolgreich, Crowdfunding zum Aufbau einer Fangemeinde zu nutzen. Kickstarter wird auch im Spielebereich zunehmend vor allem genutzt, um Nutzer zu erreichen, weniger um Spiele zu finanzieren.

 

5)      Wird Kickstarter Europa dominieren? Wird Kickstarter in Deutschland alle Plattformen wegfegen?

Nein und nein. Kickstarter ist in UK und in den Niederlanden gestartet. Der Erfolg ist bisher eher vernachlässigbar – die anderen Reward-based Plattformen in UK waren nicht sehr weit entwickelt und daher schaffte Kickstarter dort relativ schnell, im Markt einen gewissen Marktanteil zu erreichen.

In den Niederlanden sieht es ganz anders aus: die Crowdfunding-Landschaft ist dicht und innovativ. Bis jetzt nehme ich nicht wahr, dass Kickstarter dort massiv andere Plattformen kaputt macht.

In Deutschlang gibt es über 70 Plattformen, in Europa wahrscheinlich mehr als 500 Plattformen. Klar wird Kickstarter in Deutschland etwas verändern – es wird zu mehr Aufmerksamkeit für Crowdfunding kommen. Ob aber die Plattformen weniger werden, das würde ich arg bezweifeln.

 

6)      Ist Startnext sowas wie das deutsche Kickstarter?

Nein. Erstens ist Startnext kein Kickstarter-Klon, sondern die Plattform hat viele wesentliche Innovationen gemacht, welche spannend für die Crowdfunding-Szene sind. Als wichtigstes Element beispielsweise die Startphase, die Projektstarter zwingt, erstmal ihre Fans zu mobilisieren.

Obwohl Startnext eine sehr große Reward-Based Plattform ist, so ist ihr Erfolg im Vergleich zu Kickstarter noch sehr klein. Wenn man einfach nur die Bevölkerungszahl als Vergleich nimmt, dann müsste Startnext jetzt nicht im niedrigen Millionenbereich sein, sondern schon einige Hundert Millionen Euro umgesetzt haben.

Startnext ist als Plattform sehr innovativ, aber auch in Deutschland gibt es zahlreiche Alternativen, wie zum Beispiel Visionbakery. Es bilden sich auch ständig neue Plattformen, wie zum Beispiel vor kurzem Crowdfans in Berlin. Ich sehe auch hier eher, dass die Plattformlandschaft sich ausdifferenziert.