Facebook-Groups for Schools – Chance für den digitalen Lernraum?

Facebook-Groups for Schools – welche Rolle spielt das neue Feature von Facebook – und wie reagiert StudiVZ darauf? Eine Analyse.

Facebook war ursprünglich als reines Netzwerk für Studierende gedacht. Kann sich jemand noch erinnern, dass man 2005 eine Emailadresse einer amerikanischen Universität benötigte, um sich bei Facebook ein Profil zu machen? Bekanntermaßen waren die Studis der amerikanischen Ivy-League-Unis die ersten, welche das Facebook bevölkerten. Ziel war es, das Facebook exklusiv zu machen und dadurch einen künstlichen Hype zu erzeugen.

Als Facebook-Konkurrent StudiVZ im Jahr 2006 anfing, die Funktionen des immer populärer werdenden amerikanischen Netzwerks zu imitieren, wurde eine ähnliche Strategie gefahren. Zuerst durften die Studierenden aus den deutschen „Elite-Unis“ ins VZ-Netzwerk, dann aber schon die breite Masse, dann wurde mit einer Reihe von kleineren Skandälchen die Blogosphäre angeheizt und zum Schluss war StudiVZ DAS Netzwerk für Studierende. Dann kam die Übernahme durch Holtzbrinck und seitdem sind die VZ-Netzwerke beim Datenschutz und beim Jugendschutz ganz vorne, beim Thema Innovationen ganz hinten. Das ist vermutlich der Grund, warum die Nutzerzahlen stetig zurückgegangen sind.

Auf Facebook mittlerweile ging die Funktionserweiterung munter weiter: man erinnert sich an Facebook-Beacons, an den Newstreams, an Facebook-Chats, Facebook-Pages, Facebook-Ads, Facebook-Timeline und vieles mehr. Facebook wurde zum One-Network-Conquers-All-Unternehmen und mittlerweile sind von den Toddlers bis zu den Silver Surfers alle Altersklassen und Gesellschaftschichten im Netzwerk drin.

Mark Zuckerberg hat früh vorgegeben, dass seiner Meinung nach Facebook nicht nur als soziales Netzwerk, sondern als Informationspool funktionieren soll: Bilder, Links, Wissen, Dateien, Kontakte. Facebook sollte als zentrales Element des Websurfens verstanden werden, nicht als eine von vielen Seiten.

Man hat sich anscheinend jetzt darauf besonnen, dass die ursprüngliche Zielgruppe wieder stärker ins Visier genommen werden soll. Ein Faceblog-Post aus dem Jahr 2010 erzählt eigentlich genau, was die Strategie sein könnte:

The use of Facebook to support learning inside and outside the classroom may be an untapped resource for instructors and students; in our survey, about one-third of respondents said they wished that Facebook had more tools to help them with their schoolwork.

Facebook Groups for Schools setzt genau da wieder an: selektive, exklusive Netzwerke, in denen Termine erstellt, Dateien geteilt, Fotos geteilt werden können. Weitere Funktionen werden folgen, wie zum Beispiel die Massen-Emails innerhalb einer Gruppe:

At its core it’s about making it easier to form smaller sub-communities within the gigantic monster that is Facebook. The net effect is to make Facebook feel a bit more like it did in the very early days when it was only available to college students. In getting to the current version of Groups for Schools, Facebook iterated through at least ten different major versions — and it intends to continue iterating as the product spreads to new schools. In addition to the new schools, Facebook said that the two most-requested features for groups during the testing phase are getting added. The first is file sharing for collaborating around school documents. The second is „better“ messaging, which allows students within a school to message anybody at that school. (Quote: The Verge)

 

Insbesondere das File-Sharing wird sicherlich noch ein sehr spannendes Feature werden, wie Mashable schon im Mai berichtete:

Users can upload most file types up to 25MB — the same file size limit as Gmail. The exceptions: music files (sorry, old-school Napster fans) and executable (.exe) files (sorry, hackers). But e-books, comics, music videos and other small movies are fair game.

To prevent the spread of malicious, inappropriate or copyrighted files, “users can report files the same way they can with other content across the site,” a Facebook spokesperson said. Whether a group that wants to share such things will willingly turn itself in remains to be seen.

Wenn man sich überlegt, welchen Aufwand Unis im Augenblick treiben, damit lizensierte eBooks und Online-Lern-Resourcen nur innerhalb der Bibliotheken bzw. des IP-Domain-Space der Universitäten lesbar sind, so wird Facebook auf einmal zu einem gigantischen Datenspeicher für Artikel von wissenschaftlichen Zeitungen.

Spannend ist, wie sich jetzt StudiVZ bzw. IdPools positioniert. Man will den Neustart, aber die Frage ist, woher kommen die innovativen Ideen auf einmal? In der Pressemitteilung heißt es da etwas vage:

Die Plattform soll perspektivisch über mehrere Stufen zu einem edukativen Angebot ausgebaut werden und ergänzt damit das vertikale Portfolio von Holtzbrinck Digital und der Holtzbrinck Verlagsgruppe in diesem Bereich.

Klar ist: die starke Stellung beim Jugendschutz und Datenschutz wird nicht ausreichen. Was entscheidend sein wird, ist die Frage, wie man mit intelligenten Kollaborationstools den Lernprozess umkrempeln wird. Der Markt für das digitale Lernen ist schon jetzt ein Riesenwachstummarkt, es ist also nicht verwunderlich, dass sowohl Facebook als auch StudiVZ/IDPools da mitmachen wollen.

Die harte Nuss bleibt aber der Umgang mit Dateien, Lernmaterial und urheberrechtlich geschützten Werken innerhalb von Lerngruppen. Das natürliche am Lernen ist ja das Tauschen von Material, das Arrangieren von Werken, das Mixen. Ein wesentlicher Bestandteil des Lernens ist es, Material das schon existiert zu reflektieren und neu zusammenzustellen – das ist in allen Disziplinen so.

Die drei Haupttendenzen, die weltweit zu beoachten sind (restriktives Digital Right Management, OpenScience und Walled-Garden-App-Systeme), werden sicherlich in der eigenen oder anderen Form innerhalb der neuen Social-Education-Networks ihre Rolle spielen. Wünschenswert wäre es, dass dann deutsche Experimente wie das Lo-Net² nicht vergessen würde.

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