Feedly vs Leistungsschutzrecht

Feedly ist ein Tool, welches ermöglicht, RSS-Feeds sehr entspannt auf mobilen Endgeräten zu lesen, abzuspeichern, zu Bookmarken und vieles mehr. Dazu muss es aber den angezeigten Inhalt zwischenspeichern, Vorschaubildchen erzeugen, Überschriften übernehmen, Teasertexte anzeigen und vieles mehr. Defacto wird vermutlich der gesamte Text zwischengespeichert.

Die Publishing-Industrie als auch die Blogger haben in der Regel das ganze mitgemacht, weil beim Teilen von Links innerhalb von Feedly die Original-URL geteilt wurde. Bei Vollansicht eines Artikels oder beim Bookmarken wurde damit der gesamte Artikel, die dazugehörige Werbung und die Kommentare geladen, was aus Sicht eines Online-Inhalte-Anbieters die entscheidende Nutzung war.

Seit Freitag nachmittag ging Feedly darin über, in den geteilten Links nicht mehr die Original-URL zu verwenden, sondern eine interne Feedly-URL, die dazu führte, dass der gesamte Traffic innerhalb der Datenbank blieb. Auch andere Dienste wie Readability hatten ähnliches schon mal ausprobiert.

Nate Hoffelder schreibt wie viele andere Blogger dazu seine Entrüstung auf: Continue reading „Feedly vs Leistungsschutzrecht“

Der vermeintliche Sieg der Verlage im Leistungsschutzrecht

Die Sektgläser klingeln, Google muss jetzt bei den Verlagen anfragen, wenn es die Inhalte der Online-Zeitungen für die Seite GoogleNews nutzen möchte. Aus Sicht der Verlage klingt das so:

Die Mitteilung von Google, Inhalte künftig nur noch bei Einwilligung in Google News aufzunehmen, ist für die Verlage ein erster Erfolg auf der Grundlage des Leistungsschutzrechts. Es gibt den Presseverlegern ein eigenes Exklusivrecht, sie können die Nutzung ihrer Inhalte in bestimmten Online-Diensten deshalb künftig von ihrer Einwilligung abhängig machen. Ab dem 1. August muss Google sich an diese neue Rechtslage halten. Und diese verpflichtet Google, genau jene Zustimmung einzuholen, um die das Unternehmen die Verlage jetzt bittet.

Für Google ist das ein Paradigmenwechsel. Kaum ein Unternehmen hat sein Geschäftsmodell so konsequent auf dem „Opt-out“-Prinzip aufgebaut wie Google – alles ist erlaubt, so lange niemand „nein“ sagt. Diesem Prinzip hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Leistungsschutzrechts eine klare Absage erteilt. Und mit seiner Entscheidung, die Nutzung von Presseerzeugnissen deutscher Verlage künftig von deren Zustimmung abhängig zu machen, erkennt Google dies ausdrücklich an und akzeptiert den urheberrechtlichen Grundsatz, dass vor der Nutzung von Inhalten die Zustimmung des Rechteinhabers eingeholt werden muss. Genau das ist der Zweck des neuen Leistungsschutzrechts. Genau dafür haben die Verlage gekämpft.

Google sieht das natürlich ganz anders, dort wird so getan, als ob es der Gnädigkeit von Google entspricht, die Verleger in dem Angebot von GoogleNews einzubeziehen und Google sich einfach aus Gründen der rechtlichen Absicherung jetzt die Einwilligung holt, die Inhalte kostenlos zu verwerten.

 

Beides ist natürlich Unsinn. Die Verleger wären ehrlich, wenn sie sagen würden, dass das größte Hindernis nicht etwa Google ist, sondern die Uneinigkeit der Verleger selbst. Wenn sie erreichen wollen, dass Google wie in Frankreich „freiwillig“ einen größeren Anteil derWerbeerlöse mit den Verlegern teilt, dann müssten sie ein Anbieterkartell bilden und den defacto-Monopolisten Google dazu zwingen, auf ihre Preisvorstellungen einzugehen. Damit wird das Leistungsschutzrecht ein Fall für das Kartellamt. Continue reading „Der vermeintliche Sieg der Verlage im Leistungsschutzrecht“

Digitale Marionetten: Was hinter der LSR Debatte steckt

Wer gewinnt eigentlich beim Leistungsschutzrecht? Überraschenderweise gewinnen alle – Verleger, Google, Blogosphäre. Nur die Wahrheit bleibt auf der Strecke. Und journalistische Innovationen, weil weder Google noch die Presseverleger glaubhaft sich für neue Geschäftsmodelle im Internet einsetzen, die wegkommen von der Dichotomie von Kostenloskultur vs. Paywall. Und auch das Parlament hat am Ende verloren – und zwar unabhängig von Regierungs- oder Oppositionszugehörigkeit, weil es sich von Google und den Verlegern als schmierige Projektionsfläche einer Kuchenaufteilung benutzen ließ.

Wer morgen in Jubel oder Trauer ausbricht, wenn das Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Bundestag beschlossen wird, versteht nicht, dass weder für Google noch für die Presseverleger das Gesetzgebungsverfahren der Austragungsort der Konflikte ist. Sowohl Google als auch die Presseverleger haben ihre Ziele eigentlich schon längst erreicht. Deswegen ist es für beide Parteien auch vollkommen unerheblich, wie die Abgeordneten morgen im Parlament abstimmen.

Wenn man die Lobbyarbeit der Presseverleger in den letzten fünf Jahren verstehen will, muss man sich vor Augen halten, dass das Leistungsschutzrecht nicht Ziel der Verleger war, sondern nur Mittel zum Zweck. Zweck der Debatte um das Leistungsschutzrecht war es für die Verleger, sich als integraler Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung zu etablieren – die Presseverleger als wichtigstes Standbein der vierten Gewalt. Nicht mehr die Vielfalt der Presselandschaft, sondern die Erhaltung des Geschäftsmodells der Printzeitung ist mittlerweile Staatsräson. Kein Politiker würde sich trauen, die Veränderung des Marktes für Printzeitungen als Teil des Fortschritts anzusehen, der er ist – sondern die Verleger haben es eindrucksvoll geschafft, das Meme zu etablieren, dass jedes Mittel recht ist, um die Print-Zeitungen abzusichern, denn sonst droht der Untergang des Abendlandes oder noch mehr.

Dieses Argument stärkt die Presseverleger auch bei einem ganz anderen Thema – dem Depublikationsgebot für die öffentlich-rechtlichen Sender. Nur vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass die Politik trotz 8 Milliarden aus der Haushaltsabgabe bereit ist, das wirtschaftliche Interesse der Presseverleger über das Interesse am unbeschränkten Zugang zu öffentlich-finanzierten Medien zu stellen. Continue reading „Digitale Marionetten: Was hinter der LSR Debatte steckt“