Der vermeintliche Sieg der Verlage im Leistungsschutzrecht

Die Sektgläser klingeln, Google muss jetzt bei den Verlagen anfragen, wenn es die Inhalte der Online-Zeitungen für die Seite GoogleNews nutzen möchte. Aus Sicht der Verlage klingt das so:

Die Mitteilung von Google, Inhalte künftig nur noch bei Einwilligung in Google News aufzunehmen, ist für die Verlage ein erster Erfolg auf der Grundlage des Leistungsschutzrechts. Es gibt den Presseverlegern ein eigenes Exklusivrecht, sie können die Nutzung ihrer Inhalte in bestimmten Online-Diensten deshalb künftig von ihrer Einwilligung abhängig machen. Ab dem 1. August muss Google sich an diese neue Rechtslage halten. Und diese verpflichtet Google, genau jene Zustimmung einzuholen, um die das Unternehmen die Verlage jetzt bittet.

Für Google ist das ein Paradigmenwechsel. Kaum ein Unternehmen hat sein Geschäftsmodell so konsequent auf dem „Opt-out“-Prinzip aufgebaut wie Google – alles ist erlaubt, so lange niemand „nein“ sagt. Diesem Prinzip hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Leistungsschutzrechts eine klare Absage erteilt. Und mit seiner Entscheidung, die Nutzung von Presseerzeugnissen deutscher Verlage künftig von deren Zustimmung abhängig zu machen, erkennt Google dies ausdrücklich an und akzeptiert den urheberrechtlichen Grundsatz, dass vor der Nutzung von Inhalten die Zustimmung des Rechteinhabers eingeholt werden muss. Genau das ist der Zweck des neuen Leistungsschutzrechts. Genau dafür haben die Verlage gekämpft.

Google sieht das natürlich ganz anders, dort wird so getan, als ob es der Gnädigkeit von Google entspricht, die Verleger in dem Angebot von GoogleNews einzubeziehen und Google sich einfach aus Gründen der rechtlichen Absicherung jetzt die Einwilligung holt, die Inhalte kostenlos zu verwerten.

 

Beides ist natürlich Unsinn. Die Verleger wären ehrlich, wenn sie sagen würden, dass das größte Hindernis nicht etwa Google ist, sondern die Uneinigkeit der Verleger selbst. Wenn sie erreichen wollen, dass Google wie in Frankreich „freiwillig“ einen größeren Anteil derWerbeerlöse mit den Verlegern teilt, dann müssten sie ein Anbieterkartell bilden und den defacto-Monopolisten Google dazu zwingen, auf ihre Preisvorstellungen einzugehen. Damit wird das Leistungsschutzrecht ein Fall für das Kartellamt.

Im harten Wettbewerb um Traffic reicht es aber aus, wenn ein oder zwei große Medienhäuser aus dem Kartell ausscheren und mit Google eine direkte Einigung über kostenlose Nutzung ihrer Inhalte erzielen. Es reicht schon aus, wenn Google zusammen mit Anbietern wie der Huffington Post Dienste aufbaut, die über Blogs und Twitter die wichtigsten Nachrichten des Tages zusammenstellt. Die Hand der Verleger ist nicht sonderlich gestärkt worden durch das Leistungsschutzrecht. Sie waren schon früher selten in der Lage, ihre Interessen zu bündeln und wie in Frankreich Politik und Internetunternehmen auf ihren Kurs zu zwingen, dazu sind die Geschäftsinteressen der Verleger zu unterschiedlich.

Google jahrelang als gemeinsamen Feind zu haben, half dabei, die Verleger zumindest als Lobbyisten gegenüber der Bundesregierung und einigen von der Medienwirtschaft stark abhängigen Landesregierungen (NRW, Hamburg, RLP) zu einem einheitlichen Handeln zu zwingen. Jetzt wo es um die offenen Verteilungskämpfe des Online-Kuchens geht, wird es schwieriger sein, alle Interessen zu gewährleisten.

Die harte Nuss ist sowieso nicht GoogleNews, sondern die Tatsache, dass Google die Ergebnisse von Google-News nutzt, um zu entscheiden, welche Nachrichtenartikel in der Google-Suche selber angezeigt werden.  Da kommt der Traffic her. Wenn Google jetzt beginnt, selektive Partnerschaften mit einzelnen Medienhäusern einzugehen, dann hilft das weder dem Internetnutzer noch den Verlegern. Und die von Google als Mantra vorgetragene Freiheit des Internets wird auf dem pekuniären Altar der Suchmaschine geopfert. Danke, Google, danke, Verleger – in Eurer kommerziellen Engstirnigkeit und fehlenden Innovationskraft füllt ihr Euch die Taschen und beschädigt das offene Internet.