Lobbyplag und Krautreporter – eine gute Kombination?

Die beiden wichtigsten Ereignisse rund um die Zukunftsfähigkeit von Journalismus waren sicherlich der Launch von Krautreporter und der Launch von Lobbyplag. Beide Neubeginne haben entsprechende Aufmerksamkeit bekommen: Krautreporter als dringend benötigtes Finanzierungstool für Journalismus, Lobbyplag als Möglichkeit der Datenvisualisierung für Einflußnahme auf Gesetzestexte. Krautreporter ist phänomenal gestartet: nach knapp einer Woche schon 197 Unterstützer, 218 Unterstützungen, 8.193 € finanziert, 416 Benutzer, die sich auf 7 Aktive Projekte verteilen. Keines ist bisher erfolgreich abgeschlossen, aber die Projekte sind ja allesamt in der Finanzierungsphase.

Auf Krautreporter finden sich klassische Journalismusprojekte, wie zum Beispiel das Formosa!Buch. Spannende Prämien, guter Film, sinnvolles Projekt. Das Lobbyplag auf Krautreporter sticht da etwas heraus. Wie schon Andrea Kamphuis in den Kommentaren anmerkte:

Aber diese Kampagne erscheint mir doch etwas überstützt: keine Gesichter im Video, auch sonst keinerlei persönliche Infos über die drei Macher (oder bin ich gerade mit Blindheit geschlagen?), Prämie: „coming soon“. Wie sehr ihr das? Hätte es hier nicht ein klassischer Spendensaufruf getan, wenn man unbedingt den Medienrummel der letzen Tage mitnehmen will und deshalb keine Zeit für eine gute Crowdfundingkampagne hat?

Das Lobbyplag-Projekt will 7500 Euro haben für die Weiterentwicklung der Plattform.

  • — Untersuche Änderungsanträge von EU-Parlaments Ausschutzmitgliedern
  • – Datenimport von ParlTrack und möglicherweise anderen Quellen
  • – Crowdsourcing der Inhalte von Lobbypapieren
  • – Analyse der Übereinstimmung von Lobbyvorschlägen und EU-Dokumenten
  • – Zugängliche, mehrsprachige Nutzeroberfläche
  • – Integration von Socialmedia zur Zusammenarbeit und für „sharing“
  • – Der gesamte Code wird als freie Software veröffentlicht werden
  • – Die gesamten Daten werden alle unter ODBL veröffentlicht.

Das sind alles spannende Entwicklungsschritte. Ganz ungeachtet wie man über die Ziele und die Art, wie das Thema Datenschutz angegangen wird, urteilt, so zeigt doch das Experiment, wenn es denn glückt, dass es auch möglich ist, institutionelle Förderung für eine Journalismus-Plattform mittels Crowdfunding zu erlangen. Das ist sicherlich auch langfristig für Plattformen wie Vocer oder Carta interessant.

Auch interessant ist, dass Lobbyplag fast gar keine Prämien anbieten. Im Grunde genommen sind die Gegenleistungen nicht vorhanden. Das gesamte Experiment wird an der Reputation von OpenDataCity und Richard Gutjahr festgemacht – weil die Unterstützer vor allem Richard Gutjahr kennen und deren Projekte wertschätzen, werden sie auch Geld für das Crowdfunding-Projekt geben (oder nicht – wobei ich davon ausgehe, dass das Ziel von 7500 Euro machbar ist).

Für Krautreporter ist das insofern interessant, dass Lobbyplag dafür sorgen könnte, dass die Krautreporter-Plattform noch stärker bekannt wird. Die meisten Crowdfunding-Plattformen finanzieren sich ja eher über Vorträge, Kooperationen und Sonderaufträge und weniger über die Provision, aber sicherlich wird es die Macher von Krautreporter nicht stören, wenn das Projekt Lobbyplag auch etwas Provisionen einbringt.

Die langfristige Frage ist, ob Lobbyplag aber auch dazu beiträgt, die anderen Projekte zu pushen, die nicht von Promis auf die Plattform gestellt worden sind – in other words ob die Reichweite von Richard Gutjahr dafür sorgt, dass auch die anderen Projekte davon profitieren. Die Erfahrungen der anderen Crowdfunding-Plattformen zeigt, dass das in den wenigsten Fällen geschieht. Die Hoffnung ist also für Krautreporter, dass sich via Lobbyplag noch mehr Journalisten begeistern lassen, Crowdfunding mal auszuprobieren.

Links: Evernote-Sammlung von Artikeln über Lobbyplag

2 Replies

  • Hier meine Antwort auf die Kritik von Andrea:

    Als eine Antwort auf den Vorwurf, es gäbe von uns nichts zu sehen – uns alle mal an einen Ort zusammenzubringen, ist nicht ganz leicht – Sebastian sitzt in Berlin, ich in Hamburg, Richard in München, Max in Wien – Richard und mich gab es gestern im Digitalen Quartett zu sehen (in der zweiten Hälfte reden wir übers lobbyplag):

    http://www.youtube.com/watch?v=MNS0zzOjHzk

    (…)

    Für fast alle dieser Geschichten hat mindestens einer von uns ne halbe Stunde mit dem jeweiligen Schreiber telefoniert, dazu kommen noch etliche Radio-Interviews. Von der Idee (Donnerstag-Nacht) bis zur Live-Schaltung des Angebots (Sonntag, 20 Uhr) sind bis jetzt keine zwei Tage vergangen.

    Faktisch bin ich seit Sonntagabend nicht mehr dazu gekommen, reguläre Arbeit zu erledigen, weil so viele Anfragen, Nachfragen, Hilfsangebote etc. gekommen sind, dass meine Inbox auch jetzt noch hoffnungslos überlaufen ist. Wir alle dachten, dass EU-Politik sich nicht zu einem Riesen-Aufreger entwickelt.

    Um so erfreulicher ist es, dass sich hier jetzt doch ein Momentum entwickelt. Wir sind gerade im Hintergrund dabei, weitere Dokumente aufzuarbeiten, haben die Website ins Deutsche übersetzt und haben den weiteren Ausbau geplant – neben den „Medienauftritten“ bleibt da nicht viel Zeit für ein professionell wirkendes Video. Unsere Meinung: Lieber was kleines Einfaches und nachlegen – so mediengeil sind wir dann doch nicht – da ist die „Sache“ doch wichtiger als unsere Nasen in einem Video.

    Zu den Prämien: Ich vermute, dass Menschen bei so einem Projekt nicht durch Prämien zum Mitmachen animiert werden. Wenn sie an die Sache glauben, spenden sie mehr. Das ist etwas anderes bei Hardware, wo der innere Schnäppchenjäger geweckt wird – wer früh dabei ist, bekommt zuerst und potentiell einen guten Preis. Hier ist es aber anders. Unwahrscheinlich, dass jemand mit einem Lobbyplag-T-Shirt rumlaufen will, oder eine andere Gabe von uns möchte, aber ich kann mich irren. Und diesen Irrtum korrigieren können wir ja später immer noch. Im Moment finde ich andere Dinge wichtiger, vielleicht zu Unrecht. Aber wenn das ein verklausuliertes Hilfsangebot gewesen sein sollte – wir copy-and-pasten gerne ein Prämienkonzept von einem Crowdsourcing-Profi 😉

    Bezüglich des Richard-Faktors: Jupp, wird spannend.

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