Das geraubte digitale Vermächtnis: Verstossen Rösler und Brüderle gegen das Bundesarchivgesetz?

Philip Rösler und Wolfgang Brüderle haben ihre Facebook-Profile gelöscht, so berichten verschiedene Medien die Erkenntnisse von unseren geschätzten Kollegen Jona und Martin von Pluragraph. Aber in der Regel schreiben die Medien nur darüber, dass sie das tun, weil die beiden FDP-Spitzenpolitiker Angst vor den negativen Kommentaren auf ihren Seiten haben.

In Wirklichkeit ist der Skandal viel größer. Ob Rösler oder Brüderle Angst vor den negativen Kommentaren haben, kann doch nicht entscheidend dafür sein, ob eine öffentliche Kommunikation von zwei derzeit noch aktiven Politikern einfach gelöscht werden kann? Denken die beiden, ihre öffentlichen Profile auf Facebook sind ihre Privatangelegenheit? Denkt ihre Partei, dass die Profile der Politiker nach dem Wahlkampf keine Relevanz mehr haben?

Das Bundesarchivgesetz regelt eigentlich sehr deutlich, dass alle Verfassungsorgane ihre Kommunikation zur Archivierung anbieten müssen:

Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes haben alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben einschließlich der Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv […] zur Übernahme anzubieten […].

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Bloggen und der Generationskonflikt

„Kannst Du mal kurz einen Blogpost dazu schreiben?“ Wieso löst dieser Satz bei mir immer so eine Abneigung aus? Schließlich bin ich ein Teammitglied von ikosom: Wir beschäftigen uns mit Social Media, und da sollte es ja nun nichts Selbstverständlicheres geben, als ab und zu einen kurzen Text für den Blog zu schreiben. „Bloggen ist eine Generationsfrage“ habe ich daher letztens auf Jörg Eisfeld-Reschkes berechtigte Nachfrage geantwortet. Und mir damit zwar den damaligen Blog-Auftrag erspart, dafür aber versprechen müssen, dass ich mich mit eben diesem Thema in einem Blogpost auseinandersetze. Na prima, da hab ich mir ja was eingebrockt…

Hat Bloggen wirklich etwas mit dem Lebensalter zu tun? Dass Medienkonsum und -nutzung im allgemeinen als generationsabhängig angesehen werden, ist nichts Neues. Unzählige Studien beschäftigen sich damit, wer in welchem Alter wie lange welche Arten von Medien nutzt. Und es ist nur logisch, dass die Generation der „digital natives„, die von kleinauf mit digitalen Medien aufgewachsen ist, diese statistisch gesehen auch mehr nutzt als Menschen, die erst im Erwachsenenalter zum ersten Mal mit dem Internet in Berührung kamen. Wenn das so einfach ist, dann ist die Sache klar: Ich bin Jahrgang 1967, ich war schon im Teenageralter, als ich das erste Mal vor einem Computer saß (und was war das damals für ein Monstrum!), und als ich meinen ersten eigenen Computer kaufte, war ich längst Studentin, und auf dem Bildschirm blinkten mir giftig orange DOS-Zeichen entgegen. Ich bin also ein waschechter „digital immigrant“, so etwas wie die ikosom-Oma. Und ich setze mich zwar mit Begeisterung und großem Interesse mit Social Media auseinander – aber wieso sollte ich mich wohl dabei fühlen, selbst Blogposts zu schreiben?

Und dann recherchiere ich ein wenig und muss feststellen, dass es zahlreiche bekannte Blogger gibt, die in etwa in meinem Alter sind. Stefan Niggemeier zum Beispiel ist nur gut 2,5 Jahre jünger als ich, Johnny Haeussler ist drei Jahre älter und der US-Blogger Jeff Jarvis mit Jahrgang 1954 sogar ganze 13 Jahre. Selbst der wohl populärste und medial sichtbarste deutsche Blogger, Sascha Lobo, kann mit Geburtsjahr 1975 schwerlich als echter digital native bezeichnet werden. Sind das nur die Ausnahmen von der Regel? Oder stimmt da etwas nicht mit der Theorie über den Generationskonflikt?

Der Konflikt liegt nicht im Altersunterschied, sondern im Kopf
Bloggen ist eine mentale Generationsfrage. Die vier oben beispielhaft aufgeführten Blogger sind allesamt von Haus aus Journalisten, ein Beruf, den man im Regelfall u.a. deshalb ergreift, weil man das Bedürfnis hat, seine Meinung zu vertreten und auch öffentliche Meinungsbildung mit zu gestalten. Entsprechend unbefangen können und wollen sie daher sich selbst und ihre Positionen in der Öffentlichkeit darstellen. Dieses Sendungsbewusstsein ist etwas, was Journalisten so wie auch Politiker mit den digital natives teilen. Wie die ACTA-Studie des Allensbach-Instituts schon 2010 feststellte, ist der Motor für die Internetnutzung vieler digital natives die Selbstdarstellung (siehe dazu Süddeutsche.de vom 11.052010). Und das im ganz profanen Sinne in Form einer lapidaren Statusmeldung auf Facebook oder eines Tweets über das Mittagessen. Aber eben auch auf intellektueller Ebene mit einem wissenschaftlich fundierten Blogpost.

Dieses Sendungsbewusstsein teile ich nicht. Meinen Drang nach Öffentlichkeit lebe ich privat in meinem Hobby als Schauspielerin aus. Was ich dort dem Publikum zeige, bin nicht ich selbst, sondern eine Rolle, die mir ein Autor oder Regisseur vorgibt. Auch im Beruf, bei Vorträgen, Lehrveranstaltungen oder Moderationen, rezipiere und verbreite ich das Wissen anderer. Als PR-Beraterin erstelle ich gerne und mit Überzeugung Texte und Botschaften im Auftrag Dritter. Ich fordere dabei zwar unbedingt zur eigenen Meinungsbildung und zum Dialog auf. Aber meine eigene, persönliche Meinung als Statement in die Öffentlichkeit zu senden, bin ich nicht gewohnt – weder auf der Bühne, noch im Beruf und erst recht nicht im Internet. Und ich verspüre auch nicht das Bedürfnis danach.

Ich werde wohl nie unbefangen „mal kurz“ einen Blogpost schreiben. Ob das daran liegt, dass ich ein digital immigrant bin oder letztendlich doch eher eine Frage der Persönlichkeit ist, kann ich nicht beantworten. Ich bin Diplomübersetzerin, ich bin es gewohnt, fremde Sprachen zu lernen. Auch „Online“ ist eine Sprache, die ich mit der Zeit sicher lernen werde. Aber man wird mir wohl immer anmerken, dass ich kein Muttersprachler bin.

Concept Reengineering Exercise: rethinking public spaces in the digital transition

The Berlin-based multi-stakeholder think tank and ideation platform Internet & Society Co:llaboratory (collaboratory.de) and the EU Commission’s Onlife Initiative (ec.europa.eu…), invite to a special open space workshop in Berlin to explore impacts of global ICT developments within the policy context of the Digital Agenda for Europe and debate how the digital transition shakes established reference frameworks, which impact the public space, politics itself, and societal expectations toward policy-making. Invited are experts from academia, civil society, the private sector to think broadly on Europe’s digital agora within a one-day workshop in Germany’s capital. Continue reading „Concept Reengineering Exercise: rethinking public spaces in the digital transition“

D21 Bildungsstudie erschienen

Die Initiative D21 stellte diese Woche die neue Bildungsstudie (PDF) vor, welche die Verwendung digitaler Medien im Unterricht untersuchte. Befragt wurden 305 LehrerInnen mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer an Schulen, die zum Abitur führen.

Die Feststellung, dass in keinem Land der OECD die Diskrepanz zwischen der privaten Ausstattung mit digitalen Geräten und der schulischen Nutzung größer als in Deutschland ist, ist Ausgangspunkt der Studie. So gehören für SchülerInnen und LehrerInnen zu Hause Computer und Smartphones zum Alltag und werden auch zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verwendet, jedoch sei der Einsatz digitaler Medien im Klassenzimmer nur marginal.

Den Machern der Studie zufolge macht die digitale Revolution weiterhin einen Bogen um den Unterricht an deutschen Schulen. Hier einige der Kernergebnisse:

  • Zwar 89,5 Prozent der Schulen verfügen bereits über Computer, allerdings steht in nur 7,5 Prozent der Fälle tatsächlich jedem Schüler im Klassenzimmer ein PC, Notebook oder Netbook zur Verfügung.
  • Je mobiler und damit flexibler ein Gerät ist, desto häufiger wird es auch genutzt.
  • Die befragten LehrerInnen sind dennoch zum Großteil mit der Ausstattung an digitalen Medien an ihren Schulen zufrieden.
  • Die LehrerInnen bemängeln aber gleichzeitig fehlende Konzepte, nicht schulgerechte Soft- und Hardware, um die digitalen Medien nachhaltig in den Unterricht zu integrieren.
  • Weiterhin wird die geringe Zahl an Weiterbildungen beklagt.

Im Ergebnis wird festgestellt, dass digitale Medien zwar den Weg in die Schule, nicht aber in den Unterricht gefunden haben.